Faust II: Unterschied zwischen den Versionen
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{{Textbox|Aber doch ist alles sinnlich und wird, auf dem Theater gedacht, jedem gut in die Augen fallen. Und mehr habe ich nicht gewollt. Wenn es nur so ist, dass die Menge der Zuschauer Freude an der Erscheinung hat; dem Eingeweihten wird zugleich der höhere Sinn nicht entgehen, wie es ja bei der Zauberflöte und andern Dingen der Fall ist.|[http://www.zeno.org/nid/20004867408 Goethe zu Eckermann, 29. Januar 1827]|325}} | {{Textbox|Aber doch ist alles sinnlich und wird, auf dem Theater gedacht, jedem gut in die Augen fallen. Und mehr habe ich nicht gewollt. Wenn es nur so ist, dass die Menge der Zuschauer Freude an der Erscheinung hat; dem Eingeweihten wird zugleich der höhere Sinn nicht entgehen, wie es ja bei der Zauberflöte und andern Dingen der Fall ist.|[http://www.zeno.org/nid/20004867408 Goethe zu Eckermann, 29. Januar 1827]|325}} | ||
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Provokant und überraschend eröffnet der zweite Teil: Faust auf blumigen Rasen gebettet, umschwebt vom Luftgeist Ariel, der alle lastenden Schuldgefühle wegspült – soll Faust so leicht davonkommen? Doch welcher Faust ist hier gemeint? „Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust", so hat er einst bekannt. „Die eine hält, in derber Liebeslust, sich an die Welt mit klammernden Organe" - sie läßt Faust wieder und wieder straucheln und triebe ihn unaufhaltsam in Mephistos Arme, wäre da nicht zugleich jener andere Faust, der ungebrochen nach den „Gefilden hoher Ahnen" strebte. Mensch im Sinne Goethes ist man niemals voll und ganz, aber man wird es in dem Maße mehr und mehr, in dem das höhere Ich, der schöpferische geistige Kern unseres Wesens, die Herrschaft über das bloße niedere Ego gewinnt. Von dieser allmählichen Menschwerdung spricht der zweite Teil in grandiosen Bildern. Aber nicht nur der Mensch selbst wird hier als sehr ambivalentes Wesen gezeigt, auch das Böse selbst, verkörpert in der Gestalt des Mephisto, erscheint doppelgesichtig. Zeigte sich Mephisto im ersten Teil mehr von seiner luziferisch verführerischen Seite, kehrt er nun immer stärker sein eiskaltes, zynisch lächelndes satanisches Antlitz hervor, bis endlich Faust, als Repräsentant des modernen Menschen schlechthin, im Spannungsfeld ungehemmter Begierden und technokratisch mitleidloser Intelligenz zerrissen zu werden droht. Da wird am Kaiserhof inmitten ausgelassener Karnevalsstimmung das Papiergeld erfunden, das als letztlich illusionärer Reichtum später kriegerisch das Reich erschüttern wird. Da soll Faust zur Belustigung des ganzen Hofes in einer Art Massensuggestion Helena und Paris magisch hervorzaubern, bis er sich selbst derart begierig an seiner selbsterzeugten Vison ekstatisch berauscht, daß er besinnlungslos zusammenstürzt und in einen todesähnlichen Schlaf fällt. | Provokant und überraschend eröffnet der zweite Teil: Faust auf blumigen Rasen gebettet, umschwebt vom Luftgeist Ariel, der alle lastenden Schuldgefühle wegspült – soll Faust so leicht davonkommen? Doch welcher Faust ist hier gemeint? „Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust", so hat er einst bekannt. „Die eine hält, in derber Liebeslust, sich an die Welt mit klammernden Organe" - sie läßt Faust wieder und wieder straucheln und triebe ihn unaufhaltsam in Mephistos Arme, wäre da nicht zugleich jener andere Faust, der ungebrochen nach den „Gefilden hoher Ahnen" strebte. Mensch im Sinne Goethes ist man niemals voll und ganz, aber man wird es in dem Maße mehr und mehr, in dem das höhere Ich, der schöpferische geistige Kern unseres Wesens, die Herrschaft über das bloße niedere Ego gewinnt. Von dieser allmählichen Menschwerdung spricht der zweite Teil in grandiosen Bildern. Aber nicht nur der Mensch selbst wird hier als sehr ambivalentes Wesen gezeigt, auch das Böse selbst, verkörpert in der Gestalt des Mephisto, erscheint doppelgesichtig. Zeigte sich Mephisto im ersten Teil mehr von seiner luziferisch verführerischen Seite, kehrt er nun immer stärker sein eiskaltes, zynisch lächelndes satanisches Antlitz hervor, bis endlich Faust, als Repräsentant des modernen Menschen schlechthin, im Spannungsfeld ungehemmter Begierden und technokratisch mitleidloser Intelligenz zerrissen zu werden droht. Da wird am Kaiserhof inmitten ausgelassener Karnevalsstimmung das Papiergeld erfunden, das als letztlich illusionärer Reichtum später kriegerisch das Reich erschüttern wird. Da soll Faust zur Belustigung des ganzen Hofes in einer Art Massensuggestion Helena und Paris magisch hervorzaubern, bis er sich selbst derart begierig an seiner selbsterzeugten Vison ekstatisch berauscht, daß er besinnlungslos zusammenstürzt und in einen todesähnlichen Schlaf fällt. |
Version vom 7. November 2024, 14:25 Uhr
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Personen
Faust | Wolfgang Peter |
Mephistopheles | Elisabeth Meixner |
Kaiser | Johann Potakowskyj |
Kanzler, Astrolog | Ernst Horvath |
Knabe Lenker | Wolfgang Peter |
Karnevalsvolk | Maria, Aurelia und Lara Reisinger, Nikolina, Brigitta Schadeck, Claudia Behrens, Rosemarie Guttmann, Florian Dubois, |
Damen | Nikolina, Rosemarie Guttmann |
Baccalaureus | Leif-Börge Struck, Florian Dubois |
Wagner | Ernst Horvath |
Homunkulus | Rosemarie Guttmann |
Erichtho | Nikolina |
Chiron | Ernst Horvath |
Manto | Claudia Behrens |
Thales | Ernst Horvath |
Anaxagoras | Florian Dubois |
Nereus | Peter Ponta |
Proteus | Johann Potakowskyj |
Ariel, Nymphen, Sirenen, Gnome, Ameisen, Greife, Spinxe, Pygmäen, Doriden und Nereiden, Telchinen, Phorkyaden, Lamien und andere mythologische Gestalten | Maria, Aurelia und Lara Reisinger, Nikolina, Johann Potakowskyj, Brigitta Schadeck, Margherita Ehart, Renate Licenik |
Helena | Margherita Ehart |
Chor gefangener Trojanerinnen | Maria Reisinger, Nikolina, Rosemarie Guttmann, Claudia Behrens |
Panthalis | Nikolina |
Lynkeus | Ernst Horvath |
Euphorion | Florian Dubois |
Philemon | Johann Potakowskyj |
Baucis | Brigitta Schadeck |
Not, Schuld, Mangel und Sorge | Rosemarie Guttmann, Nikolina, Margherita Ehart |
Lemuren, Dick– und Dürrteufel | Florian Dubois |
Himmlische Heerscharen, Engelchöre, selige Knaben | Maria, Aurelia und Lara Reisinger, Leif-Börge Struck, Nikolina, Peter Ponta, Rosemarie Guttmann, Claudia Behrens, Renate Licenik |
Pater Ecstaticus | Ernst Horvath |
Pater Profundus | Florian Dubois |
Pater Seraphicus | Johann Potakowskyj |
Mater Gloriosa | Helga Freihsl |
Magna Peccatrix | Margherita Ehart |
Mulier Samaritana | Nikolina |
Maria Aegyptiaca | Maria Reisinger |
Una Poenitentium | Margherita Ehart |
Technik | Walter Vogl |
Maske | Margherita Ehart |
Regie | Wolfgang Peter |
Inhalt
Aber doch ist alles sinnlich und wird, auf dem Theater gedacht, jedem gut in die Augen fallen. Und mehr habe ich nicht gewollt. Wenn es nur so ist, dass die Menge der Zuschauer Freude an der Erscheinung hat; dem Eingeweihten wird zugleich der höhere Sinn nicht entgehen, wie es ja bei der Zauberflöte und andern Dingen der Fall ist. |
Für eine ausführlichere Inhaltsangabe siehe auch → Faust II. Inhalt
Provokant und überraschend eröffnet der zweite Teil: Faust auf blumigen Rasen gebettet, umschwebt vom Luftgeist Ariel, der alle lastenden Schuldgefühle wegspült – soll Faust so leicht davonkommen? Doch welcher Faust ist hier gemeint? „Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust", so hat er einst bekannt. „Die eine hält, in derber Liebeslust, sich an die Welt mit klammernden Organe" - sie läßt Faust wieder und wieder straucheln und triebe ihn unaufhaltsam in Mephistos Arme, wäre da nicht zugleich jener andere Faust, der ungebrochen nach den „Gefilden hoher Ahnen" strebte. Mensch im Sinne Goethes ist man niemals voll und ganz, aber man wird es in dem Maße mehr und mehr, in dem das höhere Ich, der schöpferische geistige Kern unseres Wesens, die Herrschaft über das bloße niedere Ego gewinnt. Von dieser allmählichen Menschwerdung spricht der zweite Teil in grandiosen Bildern. Aber nicht nur der Mensch selbst wird hier als sehr ambivalentes Wesen gezeigt, auch das Böse selbst, verkörpert in der Gestalt des Mephisto, erscheint doppelgesichtig. Zeigte sich Mephisto im ersten Teil mehr von seiner luziferisch verführerischen Seite, kehrt er nun immer stärker sein eiskaltes, zynisch lächelndes satanisches Antlitz hervor, bis endlich Faust, als Repräsentant des modernen Menschen schlechthin, im Spannungsfeld ungehemmter Begierden und technokratisch mitleidloser Intelligenz zerrissen zu werden droht. Da wird am Kaiserhof inmitten ausgelassener Karnevalsstimmung das Papiergeld erfunden, das als letztlich illusionärer Reichtum später kriegerisch das Reich erschüttern wird. Da soll Faust zur Belustigung des ganzen Hofes in einer Art Massensuggestion Helena und Paris magisch hervorzaubern, bis er sich selbst derart begierig an seiner selbsterzeugten Vison ekstatisch berauscht, daß er besinnlungslos zusammenstürzt und in einen todesähnlichen Schlaf fällt.
Der zweite Akt führt zurück zu Fausts altem Studierzimmer, wo Wagner sich inzwischen darangemacht hat, einen künstlichen Menschen, den Homunculus, in der Retorte zu schaffen. Faust ruht indes noch immer paralysiert auf seinem Lager. Was Wagner in äußeren Experimenten niemals gelingen kann, beginnt Faust nun in gewaltigen inneren Wahrträumen zu schauen: das Geheimnis der Menschwerdung. Durch alle Elemente führt der Weg der klassischen Walpurgisnacht. Feuer, Luft, Wasser und Erde, verkörpert in den unglaublichsten urbildlichen mythologischen Gestalten von Sphinxen, Sirenen und Gnomen, von Nereiden und Tritonen, lassen endlich die leuchtende Phiole des Homunkulus in einem sprühenden Feuerwerk zerschellen – und plötzlich steht Helena zu Beginn des dritten Akts wieder vor uns. Nicht mehr ferne und illusionär, sondern greifbar körperlich erscheinend und doch Teil von Fausts innerer Traumwelt, ist sie zugleich reales Symbol der gereinigten hellen menschlichen Seele, mit der sich Fausts strebender Geist vermählen muß, schöpferische Begeisterung, Euphorion, als rein geistiges Kind zeugend in einem zeitlosen Augenblick höchsten Glücks – der im nächsten Moment wieder verweht und in unaufhörlicher geistiger Wiedergeburt täglich neu erobert werden muß.
Der vierte und fünfte Akt führen zurück ins äußere Geschehen. Das Kaiserreich wird durch Fausts Hilfe gerettet und er erhält als Dank einen kahlen Küstenstreifen zum Lehen. In ungebrochenem Tatendrang gewinnt Faust dem unfruchtbaren Land neuen Lebensraum ab – nicht ohne neue Schuld auf sich zu laden: die ärmliche Hütte von Philemon und Baucis, die sich weigern, ihren Besitz zugunsten des „großen Werkes" aufzugeben, geht in Flammen auf und die beiden Alten kommen darin um. Faust, hochbetagt und mittlerweile erblindet, berauscht sich ein letztes Mal an seinem fast vollendeten Lebenswerk: „Zum Augenblicke dürft‘ ich sagen: Verweile doch, du bist so schön! Es kann die Spur von meinen Erdentagen nicht in Äonen untergehn." - und stirbt. Mephisto darf sich seiner Seele sicher wähnen, doch in einer gewaltigen Schlußapotheose wird Fausts Unsterbliches seinem Zugriff entrissen, denn:
Wer immer strebend sich bemüht, |